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Zeit für Vertrauen und ein gutes Bauchgefühl

Der dargestellte Fall zeigt, wie wichtig es ist, dass junge Familien eine niedrigschwellige Anlaufstelle haben – auch wenn anfangs alles gut erscheint. Auf Elternwunsch führte die Babylotsin das Erstgespräch mit der Kindsmutter nach der Geburt auf Station. Die junge Frau hatte ihr erstes Kind bekommen und kam aus Südamerika. Die Verständigung war auf Englisch und mit dem Vater auf Deutsch möglich. Die Kollegin vermittelte der Familie eine Hebamme und unterstützte bei Anträgen. Um einen Kinderarzt wollte sich der Vater selbst kümmern. Alles schien unauffällig und auf gutem Wege.

Etwa zwei Monate später rief die Mutter erneut bei den Babylotsinnen an. Sie war aufgeregt und erzählte, dass die Schwiegereltern, bei denen das Paar wohnte, sie bedrohten und sie Angst um ihr Baby habe. Übergangsweise hatten sie und ihr Mann eine Wohnung gefunden, aus der sie jedoch nächste Woche ausziehen müssten. Die Babylotsin vereinbarte für den nächsten Tag einen Termin mit den Eltern, war jedoch irritiert, dass nicht der Vater, der deutsch sprach, das Gespräch geführt hatte.

Im Gespräch schien die unsichere Wohnsituation die Mutter sehr zu belasten. Gemeinsam mit der Babylotsin riefen die Eltern bei der zuständigen Behörde für die Unterbringung von Wohnungslosen an und vereinbarten einen Termin. Der Mann spielte die Situation der Familie herunter und sprach nur von Konflikten zwischen seinen Eltern und seiner Frau. Eine sofortige Unterbringung lehnte er ab. Er behauptete, dass sie doch noch ein paar Tage in der Wohnung bleiben könnten. Im Gespräch mit der Babylotsin übernahm der Vater jedes Mal die Kommunikation und übersetzte nicht bzw. Nur wenig für seine Frau. Diese kam im Nachgang auf die Babylotsin zu, um die Inhalte des Gesprächs zu erfahren.

Nach dem Termin vergingen einige Wochen in denen die Babylotsin die Mutter telefonisch kaum erreichte und nur mit dem Vater Kontakt hatte. Er klang am Telefon stets zuversichtlich. 

Da sich eine schnelle Lösung der Wohnsituation nicht abzeichnete, entschied die Babylotsin die Frau schon jetzt an die Willkommenstage anzubinden, ein Projekt das Familien im ersten Lebensjahr begleitet und auf Vernetzung der Mütter ausgelegt ist.Die Mutter schien sehr isoliert. Die Ehe war arrangiert und sie war bereits schwanger nach Deutschland gekommen und hatte außer seiner Familie keine Kontakte.

Wenige Tage später rief die Mutter sehr aufgeregt an. Ihr Mann war ihr gegenüber gewalttätig geworden. Bevor er von der Arbeit käme, wollte sie die Wohnung verlassen. Sie erzählte, dass er oft betrunken nach Hause kam, Drogen konsumiere, sie mehrfach versucht habe zu schlagen und das Baby geschüttelt habe.

Gemeinsam mit der Familienbegleiterin der Willkommenstage gelang es die junge Mutter in ein Frauenhaus in einer anderen Stadt zu vermitteln. Dort wird sie von den Sozialarbeiterinnen und einem Anwalt unterstützt. Ihr Ziel ist es, mit dem Kind in ihr Heimatland zurück zu reisen.

Der Fall zeigt deutlich, wie wichtig es für Babylots*innen ist, an Fällen dran zu bleiben – auch wenn es „nur“ ein Bauchgefühl ist. Die junge Mutter hatte Zeit gebraucht, um Vertrauen zu fassen und sich der Babylotsin anzuvertrauen.

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